Ich dachte mir, dass es nach 30.000 km und einem Jahr Ioniq 6 mal Zeit für einen, tja, Langzeittest ist.
Ich bin kein Kfz Experte, daher wird es eher ein „User Bericht“. Wo komme ich her:
Ich bin beruflich seit den 80er Jahren des letzten Jahrtausends immer Dienstwagen auf langer Strecke gefahren, privat hatten wir als Zweitwagen so Raketen wie Renault 5, Twingo, später auch Megane und ganz zum Schluss Mini und Audi A3 TFSIe, also den Hybrid.
Dienstlich hat es angefangen mit Passat B2, dann zwei mal B3. Dann der Wechsel Audi A4 B5 - ja ich bin befördert worden - danach alle A4 Modelle bis B9
Zwischendrin, vor dem B9, ein Citroen C5 mit 2,2l Diesel - Traumauto.
Warum Hyundai Ioniq 6:
Die Gründe sind relativ einfach zu erklären: Ich gehe auf die Rente zu, also fällt der Firmenwagen weg. Der Leasingvertrag des A3 lief aus, es musste was Neues her. Auf jeden Fall sollte es ein vollelektrischer sein. Die nächste Überlegung war dann: ne, kein Kleinwagen, denn den wollen wir dann auch in der Rente fahren - Kinder besuchen, aktiv bleiben, also Reichweite war wichtig.
So bin ich an die Suche gegangen,
Nach einigem Hin und Her mit Händlern, das nicht immer erfreulich war, ist es dann ein Lagerwagen geworden, mit Mörderrabatt haben wir jetzt einen Ioniq 6 mit dem großen Akku, Dynamic, Schiebedach und in Curated Silver.
Warum nicht höhere Ausstattung: nun, einerseits war der Wagen eben so auf Lager, andererseits ist mein Konto auch nicht grenzenlos belastbar…auf das, was mir fehlt gehe ich noch ein.
Teil 1: Design außen
Ich weiß, es gibt viele, die es nicht mögen, wir LIEBEN es.
Gut, dafür ist es teilweise unpraktisch: versenkte Türgriffe braucht kein Mensch, der Kofferraumdeckel ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Alles wirkt gut zusammengebaut und alles macht, was es machen soll.
Teil 2: Design & Platz innen:
Ich finde das Design insgesamt recht gelungen, die Armaturentafel ist aufgeräumt und übersichtlich, die Mittelkonsole klar gegliedert und brauchbar. Die Sitze empfinde ich auch auf langen Strecken als ausgesprochen komfortabel (auch im Vergleich zu AGR Sitzen, wie sie beispielsweise mein Sohn in seinem Peugeot 308 hat), aber das ist sicherlich höchst individuell, genau so wie die Sitzposition.
Die Materialien werden oft kritisiert. In der Tat: es ist alles hart. Das ist nicht so schön, wenn der obere Bereich der Türen irgendwie gepolstert wäre, wäre das Ganze irgendwie wohnlicher. Außerdem sieht man in der Tat jeden Fingerabdruck und diese sind auch schwer wegzubekommen - schade. Aber billig wirkt das alles nicht. Es ist eine solide Qualität.
Platz auf Reihe 2: gigantischer Fußraum trifft auf begrenzte Kopffreiheit. Für uns passt das, ich bin 182 cm und kann hinten gut sitzen.
Stauraum: Mein Sohn hat mit diesem Auto eine Dienstreise gemacht, bei der er den Inhalt seines vollgepackten 308 Kombi(!) ganz locker in den Ioniq 6 verstauen konnte - sehr überraschend für uns alle, was da so reingeht. F
Ablagen sind reichlich und groß - mal abgesehen von den eher kleinen Türtaschen, aber dafür hat man unter der Mittelkonsole ein tolles Riesen - Fach. Vorne der Frunk hilft ungemein - dort liegen Ladekabel, Warndreieck und es ist immer noch Platz… gut so.
Ich habe an meinem Fahrzeug im Innenbereich bisher keinerlei erhöhten Verschleiß feststellen können. Nichts wackelt, nichts knarrt, nichts blättert ab oder fängt an speckig oder irgendwie abgenutzt auszusehen - alles sehr gut.
Teil 3: Bedienung:
Von außen: ich liebe den automatischen Kofferraumdeckel - kein Gehampel mit den Füssen, um irgendeinen Sensor zu erwischen, es geht einfach auf, wenn man das möchte. Super. Zugang zum Frunk ist ok, Die Ladeklappe ist elektrisch, eigentlich ne super Idee, denn sie geht auch automatisch zu, wenn man das mal vergessen haben sollte. Wäre da nicht dieser Pöppel, mit dem die DC Kontakte abgedeckt sind.
Von innen: Ich finde der Ioniq 6 lässt sich hervorragend bedienen! Das einzige, wo es ein wenig Eingewöhnung braucht, ist die Position der Scheibenheber in der Mittelkonsole. Aber ansonsten: klasse.
Kleinigkeiten: ein eigener Taster für die Sitzheizung wäre schön, aber der Sprachbefehl ist schnell und zuverlässig. Gleiches gilt für die Lenkradheizung. Das Infotainment sieht nicht sehr modern aus, aber die Menüs sind klar, schnell zu bedienen und das Infotainment als solches reagiert meistens schnell - ab und zu gibts mal eine gewisse Verzögerung, aber nichts dramatisches.
Die Fahrassistenz ist ok. Der Tempomat funktioniert exzellent, von wirklich seltenen „Phantombremsungen“, die bisher bei jedem Auto, das ich hatte, aufgetreten sind, abgesehen. Er bremst sanft, er beschleunigt gut (insbesondere fängt er schon an zu beschleunigen, wenn man auf der Autobahn den Blinker zum Spurwechsel setzt. Ich fahre zu 90% mit Tempomat, auch innerstädtisch.
Sehr gut finde ich die Rekuperation über die Lenkradpaddles gelöst - intuitiv, einfach und effektiv.
Die Umschaltung der Fahrmodi am Lenkrad ist toll gelöst. Ich fahre zu 95% in Öko, aber schnell in Sport umschalten zu können (um den LKW auf der Landstraße sicher überholen zu können, beispielsweise) finde ich toll.
Alle anderen Assistenten tun, was sie tun sollen. Bis auf den Aufmerksamkeitswarner - das Ding ist völlig erratisch: manchmal fordert er mich nach 5 Minuten zum Kaffee trinken auf, manchmal fahre ich 350 km am Stück und er meldet sich nicht einmal. Die Logik dahinter verstehe ich nicht und wie man ihn abschaltet habe ich bisher nicht herausgefunden.
Seit dem ich die Tempowarung per Mute Taste abschalten kann, bin ich zufrieden.
Teil 4: Komfort:
Der Geräuschkomfort ist Premium. Sowohl Windgeräusche (quasi nicht vorhanden) wie auch Abrollgeräusche werden sehr gut isoliert, das Auto fährt sehr, sehr ruhig.
Federung: na ja, auf der Autobahn erste Sahne, auf der Landstraße sehr schön handlich, aber bei langsamer Fahrt doch etwas zu hart. Das kann man besser abstimmen. Aber schlecht ist es nicht, nur nicht Spitzenklasse. Man kann sehr gut damit leben.
Lenkung: Für mich sehr gut, richtige Gewichtung aus leichtgängig und Rückmeldung - gut gelungen.
Teil 5: Verbrauch / Effizienz:
Das Auto ist im Sommer der Hammer. Ich habe jetzt seit 1 Jahr / 30.000km einen Durchschnittsverbrauch von 16,8kWh. Da ist alles dabei - Kurzstrecke im Winter, Langstrecke, Stadt, Autobahn, alles. Das finde ich einen erstaunlichen Wert.
Noch erstaunlicher ist der Sommer bisher, mal ein Beispiel: Lübeck - Regensburg, 750 km eine Strecke: 15,8 kWh Verbrauch.
Lübeck - Oberhausen, 439 km eine Strecke: 15,4 kWh Verbrauch, auf dem Rückweg 16,8 kWh. Nach Oberhausen wäre ich ohne Ladestopp gekommen und hätte noch 70 km Restreichweite gehabt.
Im Winter ist das Bild anders, ohne dass der Wagen dadurch jetzt zum Energievernichter wird. Auf der Autobahn sind dann Verbrauchswerte zwischen 19kWh und 21 kWh üblich, selten auch mal etwas mehr oder etwas weniger.
Ich fahre in der Regel 130 km/h per Tempomat, streckenweise dann mal 140 oder 150 km/h auf Teilstrecken. Ich halte mich relativ an Limits.
Teil 6: Reisetauglichkeit:
Das Auto ist uneingeschränkt langstreckentauglich. Bequeme Sitze, ein auf der Autobahn hervorragender Federungskomfort, sehr gute (und recht leise) Klimatisierung - das alles spricht dafür. Der Knaller kommt aber an der Ladesäule. Dieses Auto ist ein Lade - Monster! Nachladen von 10 % auf 80% geht fast immer in weniger als 20 Minuten. Nicht die, sehr gute, Spitzenladegeschwindigkeit ist hier ausschlaggebend, sondern dass das Auto bis fast 80% eine sehr hohe Ladegeschwindigkeit beibehält. Das macht wirklich Spaß.
Einzig wenn man mit der Familie unterwegs ist, kann es Probleme geben: das Auto lädt so schnell, dass man garnicht alles erledigen kann: WC, Beine vertreten, noch schnell ein Softdrink für die Kids und Kaffee für die Eltern - das wird knapp
Teil 7: Was mir fehlt / was ich mir wünsche:
Es gibt ein paar Dinge, die ich mir noch wünschen würde:
- Ambiente Licht hat Dynamiq Ausstattung leider nicht (kann das Auto ja nix für)
- Eine Kombiversion wäre schon cool… wahrscheinlich nicht mehr so sparsam
- Eine Ladeplanung, wo man einstellen kann, mit welchem Ladestand man bei Säulen ankommen will - das fände ich wirklich hilfreich
- Eine Taste zum manuellen starten der Akku - Vorkonditionierung, es geht auch ohne, aber das wäre schon hilfreich
- Insgesamt eine schnellere Routenplanung, das dauert schon recht lange