Versicherung mit oder ohne freie Werkstattwahl

  • Hi, jetzt im November ergibt sich die Frage nach einem Versicherungswechsel. Bisher bin ich bei ERGO aufgrund jahrzehntelanger Verträge.

    Nun kostet der IONIQ 6 dort dann ab 1.1.26 ca. 1.350 EUR pro Jahr. Es geht jedes Jahr höher.


    Ein günstigerer Tarif wäre z.B. bei ADAC, noch günstiger mit Fahr & Spar Telematik Tarif.


    Bei der Diskussion mit dem Vertreter kommt immer das Thema auf, ich müsse UNBEDINGT "freie Werkstattwahl" buchen, weil ich sonst bei Hyundai die Garantie verliere.

    Nun meine Frage: Kann ich die Werkstattwahl im Schadensfall getrost der Versicherung überlassen, so dass der Tarif günstiger wird, oder lieber nicht?


    Habt ihr Erfahrungen :?:

  • Ich habe gerade nochmals Gemini gefragt, Puh, was für eine umfangreiche Antwort:

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    Das ist ein klassisches „Angst-Verkaufsargument“ von Versicherungsvertretern, aber die Situation ist rechtlich differenzierter.

    Die kurze Antwort lautet: Der Vertreter übertreibt. Sie verlieren nicht automatisch Ihre Garantie, wenn Sie die Werkstattbindung (also den günstigeren Tarif) wählen. Es gibt jedoch feine Unterschiede und Risiken, die Sie kennen sollten.

    Hier ist die detaillierte Aufschlüsselung, damit Sie eine fundierte Entscheidung treffen können:

    1. Die Rechtslage: Garantie vs. Werkstattbindung

    Dank der EU-GVO (Gruppenfreistellungsverordnung) dürfen Autohersteller ihre Garantie nicht davon abhängig machen, dass Reparaturen (auch Unfallreparaturen) ausschließlich in einer Vertragswerkstatt durchgeführt werden.

    • Voraussetzung: Die freie Werkstatt (oder die Partnerwerkstatt der Versicherung) muss streng nach Herstellervorgaben arbeiten und Original-Ersatzteile (oder qualitativ gleichwertige Teile) verwenden.
    • Realität: Die Partnerwerkstätten der Versicherer sind in der Regel zertifizierte Meisterbetriebe (oft DEKRA- oder TÜV-geprüft), die sich vertraglich verpflichten, genau nach diesen Vorgaben zu arbeiten.

    Das bedeutet: Hyundai darf Ihnen die Garantie auf den Motor nicht verweigern, nur weil ein Kotflügel nach einem Unfall in einer Partnerwerkstatt der Versicherung lackiert wurde.

    2. Warum die Werkstattbindung trotzdem ein Risiko sein kann

    Obwohl die Rechtslage klar ist, gibt es praktische Gründe, warum man bei einem sehr neuen Auto (besonders bei Hyundai mit 5 Jahren Garantie) vorsichtig sein sollte:

    • Die Durchrostungsgarantie: Wenn ein Karosserieteil in einer Partnerwerkstatt ausgetauscht wird und nach 4 Jahren an genau dieser Stelle rostet, wird Hyundai die Garantie dafür ablehnen.
      • Lösung: Die Versicherung (bzw. die Partnerwerkstatt) übernimmt in diesem Fall die Garantie für die Reparatur (meist 5 bis 6 Jahre). Sie haben also Schutz, aber der Ansprechpartner wechselt.
    • Leasing & Finanzierung (WICHTIG!): Wenn Ihr Hyundai geleast oder finanziert ist, schauen Sie zwingend in Ihren Vertrag. Oft schreibt die Leasingbank vor, dass Reparaturen nur in autorisierten Markenwerkstätten erfolgen dürfen. In diesem Fall müssen Sie die „freie Werkstattwahl“ buchen, sonst verstoßen Sie gegen den Leasingvertrag.
    • Kulanz (nach der Garantie): Garantie ist ein Rechtsanspruch, Kulanz ist freiwillig. Wenn Ihre Garantie abgelaufen ist und etwas kaputtgeht, sind Hersteller oft kulanter, wenn das Auto „scheckheftgepflegt“ bei der Marke war und dort auch repariert wurde. War das Auto woanders, sinkt die Chance auf Kulanz gegen Null.

    3. Argumente für die Werkstattbindung (Sparen)

    Wenn das Auto Ihnen gehört (kein Leasing) und Sie sparen wollen, ist die Werkstattbindung oft eine gute Wahl:

    • Kosten: Sie sparen ca. 10 % bis 20 % am Kasko-Beitrag.
    • Service: Versicherungen bieten bei Werkstattbindung oft Zusatzleistungen wie einen Hol- und Bringservice und einen kostenlosen Leihwagen für die Dauer der Reparatur an (was bei freier Wahl nicht immer Standard ist).
    • Qualität: Die Partnerwerkstätten sind keine „Hinterhof-Schrauber“, sondern geprüfte Betriebe (oft Eurogarant oder ähnliche Verbünde).

    Fazit & Empfehlung

    Sie können dem Vertreter selbstbewusst entgegentreten. Hier ist Ihre Entscheidungshilfe:

    1. Auto ist geleast / finanziert: Buchen Sie UNBEDINGT „freie Werkstattwahl“. Das Risiko Ärger mit der Bank zu bekommen ist zu groß.
    2. Auto ist gekauft & sehr neu (0–3 Jahre): „Freie Werkstattwahl“ ist empfehlenswert für den Seelenfrieden und mögliche Kulanzfälle später. Hyundai ist bei Garantien manchmal streng; Diskussionen zwischen Versicherung, Werkstatt und Hersteller will man sich im Schadensfall ersparen.
    3. Auto ist älter (4+ Jahre) oder Budget ist knapp: Nehmen Sie die „Werkstattbindung“. Das Argument mit dem Garantieverlust ist rechtlich nicht haltbar, solange die Werkstatt nach Herstellervorgaben arbeitet (was sie bei Versicherungsaufträgen tut).

    Tipp für das Gespräch:

    Fragen Sie den Vertreter: „Übernimmt Ihre Versicherung das Risiko, falls Hyundai eine Garantieleistung ablehnt, weil die Reparatur in Ihrer Partnerwerkstatt durchgeführt wurde?“

    Die meisten großen Versicherer haben Klauseln in ihren Bedingungen, die genau das zusichern (Übernahme der Herstellergarantie für reparierte Teile). Wenn er „Ja“ sagt, können Sie beruhigt die günstigere Variante nehmen.